Der Zürcher SVP-Nationalrat Thomas Matter schickt sich an, diesem Tun Einhalt zu gebieten. Nach seiner Ansicht sollen Parlamentarierinnen und Parlamentarier während einer Legislatur höchstens 32 parlamentarische Initiativen und Vorstösse einreichen. Im Schnitt sind das zwei Vorstösse pro ordentliche Session. Ausgenommen sind Fraktionsvorstösse, Anfragen, aktuelle Fragen in der Fragestunde sowie Interpellationen. In der Staatspolitischen Kommission wurde das Anliegen mit Stichentscheid der grünen Greta Gysin abgelehnt. Ebenso knapp – mit 96 zu 95 Stimmen bei 2 Enthaltungen – stimmte hingegen der Nationalrat in einer giftig geführten Debatte der parlamentarischen Initiative 23.408 zu.
Eine Kennziffer für VV-Kosten
Was aber die 2. Säule betrifft, lässt sich derzeit kaum beobachten, dass es übereifrige Parlamentarierinnen und Parlamentarier auf die Spitze trieben. Im Gegenteil: Entsprechende Vorstösse sind Mangelware geworden. Das hat wohl auch mit der bevorstehenden Abstimmung zur BVG-Revision zu tun.
Ausgenommen sind Fragen, die durch die BVG-Revision nicht tangiert sind, etwa jene rund um die Verwaltungs- und Vermögenverwaltungskosten von Vorsorgeeinrichtungen. Samira Marti möchte mehr Transparenz in diesem Bereich. Mit der Interpellation 24.3105 regt die SP-Nationalrätin an, dass das Bundesamt für Statistik eine Kennziffer für die Verwaltungs- und Vermögensverwaltungskosten aller BVG-Einrichtungen publiziert, so wie das bei den Krankenversicherungsbeiträgen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) auch gemacht wird.
Die Baselbieterin verweist in ihrer Interpellation auf eine Studie der Beratungsfirma c-alm im Auftrag der Oberaufsichtskommission (OAK). Danach hatten die 1400 BVG-Einrichtungen im Jahr 2021 knapp 8.15 Mrd. Franken für Verwaltungs- und Vermögensverwaltungskosten und Kostenprämien ausgegeben. Das sind 1420 Franken pro versicherter Person. Wobei sich die Kosten laut c-alm von Kasse zu Kasse stark unterscheiden. Gemäss Bundesrat würde die Publikation einer einzigen Kennzahl keinen Beitrag zu einer noch höheren Kostentransparenz leisten. Was die Vermögensverwaltungskosten betrifft, so hängen diese von der Risikofähigkeit einer Vorsorgeeinrichtung ab. Bei Aktien- und Obligationen seien die Kosten günstig. Weniger günstig seien sie bei illiquiden Anlagen wie Immobilien und nochmals höher bei alternativen Anlagen wie Infrastruktur, Venture Capital oder Private Equity. «Ohne Analyse der Vermögensverteilung ist ein Kostenvergleich nicht aussagekräftig», schreibt der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 8. Mai 2024. Darüber hinaus müssten neben den Kosten auch die erwartete Rendite und das Risiko in die Analyse miteinbezogen werden. «In den letzten Jahren haben gerade kostenintensivere Anlagen wie Private Equity oder auch Immobilien insgesamt sehr gut abgeschnitten.»
Auch bezüglich der Verwaltungskosten macht eine Kennziffer gemäss Bundesrat wenig Sinn, weil jede Vorsorgeeinrichtung eine unterschiedliche Kostenstruktur aufweist. Die Kosten seien eine Funktion des Komplexitätsgrads, der Grösse der Vorsorgeeinrichtung oder der Anzahl Mutationen. «Die 2. Säule ist wesentlich komplexer als die 1. Säule.» So gebe es in der 1. Säule keine Wohneigentumsförderung, deren Durchführung zu höherer Komplexität und höheren Kosten führe.
Ueli Mettler von c-alm macht im Gespräch mit Schweizer Personalvorsorge darauf aufmerksam, dass Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen sowie die öffentlich-rechtlichen Pensionskassen in ihren Jahresberichten die Verwaltungs-und Vermögensverwaltungskosten schon heute ausweisen: «In der Branche sind die Zahlen bekannt.» Weil diese Zahlen interpretationsbedürftig sind, zweifelt auch er am Nutzen, entsprechende Kennziffern einer breiten Bevölkerung bekannt zu machen.
Offenlegungspflicht ohne Nutzen
Ins gleiche Kapitel gehört die Kommissionsmotion 24.3471 «Kostentransparenz in der zweiten Säule». Die nationalrätliche Sozial- und Gesundheitskommission (SGK) reichte sie Anfang Mai nach einem knappen Entscheid von 12 zu 11 Stimmen ein. Damit sollen die Vorsorgeeinrichtungen der 2. Säule verpflichtet werden, ihre Verwaltungskosten offenzulegen. Eine erhöhte Kostentransparenz stärke den Wettbewerb.
Auch hier werden offene Türen eingerannt. Der Bundesrat verweist in seiner Stellungnahme vom 26. Mai 2024 auf die bereits bestehenden rechtlichen Bestimmungen, wonach die Vorsorgeeinrichtungen ihre Verwaltungskosten «vollständig in ihrer Betriebsrechnung ausweisen» müssen. Es bestehe bereits «ein hohes Mass an Transparenz». Eine Anpassung sei daher nicht nötig.
Anderes Thema: «Alles oder nichts» heisst es, wenn man das Geld aus der Säule 3a oder aus dem Freizügigkeitskonto beziehen will. Es sei denn, das Ersparte wird im Rahmen der Wohneigentumsförderung bezogen. Der Zürcher FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt will mit der Motion 24.3067 solche Teilbezüge generell ermöglichen, sobald die altersbedingten Voraussetzungen dazu erfüllt sind. Der Bundesrat hat Gefallen an diesem Vorstoss und empfiehlt ihn am 8. Mai 2024 zur Annahme. Gratislektion zulasten der Steuerzahler Und da gabs noch jene Motion 22.3841 zum Thema nachhaltige Anlagen, mit denen die Grünen die Grundlagen dafür schaffen wollen, damit Vorsorgeeinrichtungen innert zehn Jahren ein Prozent ihres Anlageportfolios in Venture-Capital-Finanzierungen mit strengen Nachhaltigkeitskriterien investieren können. Es steht «können», nicht «müssen».
Nun durften sich die Urheber des Vorstosses vom Bundesrat belehren assen, dass die in der Motion geforderten Investitionen gemäss den Anlagevorschriften schon heute möglich sind. Diese Erkenntnis dürfte die Grünen dazu veranlasst haben, die in der zurückliegenden Sommersession traktandierte Motion zurückzuziehen. Somit wären wir bei der genannten Malaise: der Flut unnützer Vorstösse. Ist die Motion wirklich das zielführende Instrument, um sich Basiswissen im Bereich der 2. Säule anzueignen?
Linke fordern mehr Kostentransparenz in der 2. Säule