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Aus dem Bundeshaus

Zuwanderung? Das BVG soll es richten

Im Wesentlichen lassen sich zwei Beweggründe für BVG-Revisionen unterscheiden: zum einen die bessere Absicherung von Frauen, zum andern der Abbau der Quersubventionierung infolge des zu hohen gesetzlichen Umwandlungssatzes. Nun scheint es noch eine weitere, bisher unbekannte Motivation zu geben. Man höre und staune: das Auskontern der 10-Millionen-Initiative der SVP.

20.10.2025
Lesezeit: 3 min

Zu diesem Zweck reichte GLP-Präsident Jürg Grossen am zweitletzten Sessionstag die Motion 25.4243 ein: «PK-Flatrate: Keine Altersdiskriminierung dank einheitlichen BVG-Beitragssätzen».

Altersdiskriminierung als Vorwand

Gemäss dem «Blick», der schon eine Woche zuvor über das Ansinnen des grünliberalen Parteipräsidenten berichten durfte, geht es hier nicht primär um die Altersdiskriminierung, sondern um die unliebsame SVP-Initiative: «Statt die Personenfreizügigkeit aufs Spiel zu setzen, müssen wir das inländische Arbeitskräftepersonal besser ausschöpfen», sagte der Berner Oberländer dem Boulevardblatt.

Laut Grossen setzen manche Unternehmen lieber auf günstige Junge aus dem Ausland statt auf teure Ältere im Inland. An die Stelle der aktuellen Abstufung von 7 bis 18% würde ein Einheitssatz treten. Grossen nennt keine Zahl, geht aber laut «Blick» von 10 bis 11% aus.

Wenn Unternehmen die Lohnnebenkosten für ältere Mitarbeitende senken wollen, haben sie im überobligatorischen Bereich längst die Möglichkeit dazu.

Alte Idee neu verpackt

Der grünliberale Nationalrat ist bisher nicht als profunder Kenner der 2. Säule aufgefallen. Dennoch dürfte ihm nicht entgangen sein, dass Bundesbern die progressiv ausgestalteten Beitragssätze seit einem Vierteljahrhundert korrigieren möchte.

Entgangen sein dürfte ihm jedoch, was das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) im Vorfeld der im September 2017 gescheiterten Altersreform 2020 zu diesem Thema geschrieben hat. «Die Behauptung, die Staffelung der Altersgutschriften in der beruflichen Vorsorge benachteilige die Älteren auf dem Arbeitsmarkt, ist eine reine Vermutung.» Es gebe keinen Beleg dafür. Dabei verwies das BSV auf eine vielzitierte Studie der Uni Basel.

An Studien darf man zweifeln. So wären mit jener BVG-Revision, die im September 2024 an der Urne abgelehnt wurde, die Beitragssätze  dennoch angepasst worden. Statt vier hätte es nur noch zwei gegeben: Bis zum Alter von 44 Jahren war ein Satz von 9 % vorgesehen, ab 45 Jahren einer von 14%.

Jede Veränderung an einem Hebel des BVG hat Auswirkungen an anderer Stelle. So wären die niedrigeren Beitragssätze von 9 und 14% mit einem höheren versicherten Lohn berechnet worden – infolge der gleichzeitigen Anpassung des Koordinationsabzugs.

Eine Ausweitung des Obligatoriums ist für die Vorsorgeeinrichtungen ein No-Go. Nur eine gleichzeitige Senkung des Mindestumwandlungssatzes könnte hier einen Ausgleich schaffen – wäre politisch jedoch chancenlos.

Damit nicht genug: Was passiert mit der Übergangsgeneration? Wer übernimmt die geschätzten 30 Mrd. Franken, um die tieferen Beiträge der über 45-Jährigen auszugleichen? Alles schon gehabt, zigfach diskutiert. Der Vorstoss des Grünliberalen ist ohne Milliardenzahlungen nicht umsetzbar; noch wird er die Zuwanderung bremsen.

Und überhaupt: Wenn Unternehmen die Lohnnebenkosten für ältere Mitarbeitende senken wollen, haben sie im überobligatorischen Bereich längst die Möglichkeit dazu. Solche Modelle existieren – und werden seit langem praktiziert.

Kampf gegen Steuerexzesse

Schon eher ernst zu nehmen ist die Motion 25.4253 von Mitte-Nationalrätin Yvonne Bürgin. Sie schlägt vor, den maximal versicherbaren BVG-Lohn auf den fünffachen oberen Grenzbetrag zu reduzieren, um damit exzessive Steueroptimierungen einzuschränken. Heute liegt dieser bei dessen Zehnfachem, aktuell bei 907200 Franken.

Asip-Direktor Lukas Müller-Brunner sagte in der Schweizer Personalvorsorge, eine Kürzung dieses Grenzbetrags würde nicht nur das Einkaufspotenzial beschneiden, sondern auch die tatsächlich in der beruflichen Vorsorge versicherten Löhne. Für Vergütungen über der Schwelle würden demnach keine Beiträge mehr entrichtet – weder Spar- noch Risiko- oder Verwaltungskostenbeiträge.

Geringere Risikoleistungen und weniger überobligatorisches Kapital wären laut Müller-Brunner die Folge.