«Selbstverständlich hat die AHV die Hauptrolle» | Schweizer Personalvorsorge
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Sommergespräch

«Selbstverständlich hat die AHV die Hauptrolle»

Eliane Albisser sieht viele Baustellen – und momentan kein Happy End für die Altersvorsorge. Für kurze Zeit würde sie mit Tilda Swindon im Vampirfilm «Only Lovers Left Alive» tauschen.

17.07.2025
Lesezeit: 3 min
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Eliane Albisser ist Geschäftsführerin des PK-Netzes. In jüngerer Zeit fesselten und berührten sie bildstarke und politische Arthouse-Filme wie Black Box Diaries, The seed of the sacred fig oder The outrun.

 

Wenn Ihr Leben verfilmt würde – wer würde Sie spielen?

Eine Charakterdarstellerin wie Sandra Hüller, Naomi Watts, Kate Winslet oder Greta Gerwig. Die sehen mir zwar nicht ähnlich, sind aber tolle Schauspielerinnen, und das zählt. Viele Actionszenen muss die Darstellerin nicht bewältigen, so wild ist mein Leben nicht – aber sie sollte eine pointierte Meinung rüberbringen können und nahe bei den Menschen sein.

Welche Filmszene haben Sie nie vergessen?

(Lacht) Mit 13 habe ich Titanic gleich zwei Mal im Kino geschaut, dort gab es viele unvergessliche Szenen.

Welche Filmfigur wären Sie gerne für einen Tag und weshalb?

Spontan kommen mir Uma Thurman in «Kill Bill» oder Tilda Swindon im Vampirfilm «Only Lovers Left Alive» in den Sinn. Ich kann im richtigen Leben keiner Fliege etwas zuleide tun. Es wäre interessant, für kurze Zeit einmal in eine komplett andere Welt einzutauchen.

Ist die berufliche Vorsorge eher ein stiller Nebendarsteller oder doch der unterschätzte Held der Altersvorsorge?

Selbstverständlich hat die AHV die Hauptrolle. Die 2. Säule hat das Zeug zur besten Nebendarstellerin, wobei sie zwei Gesichter hat: Ein sehr freundliches für Personen mit hohem Einkommen und guten Vorsorgeplänen, ein frustriertes für diejenigen mit tiefen Einkommen, für die sie viel kostet und ungenügende Leistungen generiert.

Sie haben Titanic als bleibendes Filmerlebnis genannt. Welche Parallelen hat die berufliche Vorsorge zu diesem Film und wo liegen die Unterschiede?

Die Titanic galt als unsinkbar. In der 2. Säule glauben wir auch, dass es immer irgendwie gehen wird, auch wenn die Finanzmärkte abstürzen. Ein totaler Crash scheint undenkbar. Immerhin wurden aber schon einige Eisberge umschifft, sprich Krisen gemeistert wie die Finanzkrise oder Corona. Und ein Unterschied ist sicher, dass mit über 1000 Pensionskassen mehr Schiffe in der beruflichen Vorsorge unterwegs sind als nur ein einziger gewaltiger Passagierdampfer. Und dass mit dem Sicherheitsfonds im Worst Case Szenario die Leistungen bis zu einem gewissen Grad solidarisch gesichert sind.

Steuert die Schweizer Altersvorsorge Vorsorge auf ein Happy End zu?

Ein Happy End sehe ich nicht, dafür hat es zu viele und zu grosse Baustellen. Die Mehrheitsverhältnisse im nationalen Parlament helfen nicht, diese Probleme anzugehen. Die Ablehnung der BVG-Reform öffnet aber vielleicht ein Fenster, um einzelne strukturelle Probleme anzugehen, etwa hinsichtlich Effizienzsteigerung (Digitalisierung), Vereinheitlichung der Datengrundlage oder Massnahmen gegen unlauteren Wettbewerb bei Sammel-/Gemeinschaftseinrichtungen im Wettbewerb.

Können filmische oder mediale Formate helfen, die berufliche Vorsorge besser zu vermitteln?

Das Format ist meines Erachtens zweitrangig. Wichtig ist es, Kenntnisse der Altersvorsorge als Teil der politischen Bildung bereits jungen Menschen in Berufsschulen und Gymnasien zu vermitteln. So wird das System besser verstanden, auch der Sinn und die gesellschaftliche Relevanz der kollektiven Absicherung von Lebensrisiken wie Langlebigkeit, Invalidität und Tod. Ein Gespräch mit einer guten Lehrperson kann dabei mehr wert sein als Erklärvideos auf Social Media, bei denen es viel zu oft nur um individuelles Sparen geht.

Was halten Sie von den Erklärungsvideos einzelner Pensionskassen?

Sie können ein sinnvoller Weg sein, die eigenen Versicherten anzusprechen. Wenn aber jede Kasse aufwändig eigene Videos produziert, frage ich mich, wie effizient dies ist – letztlich wird auch dafür Geld der Versicherten verwendet. Hier sehe ich mehr das Bundesamt für Sozialversicherungen in der Pflicht, zentrale Informationen verständlich aufzubereiten.

Barbara Zimmermann-Gerster vom Arbeitgeberverband macht ebenfalls bei der Sommerinterviewserie mit. Haben Sie einen speziellen Filmtipp für Sie?

Ich würde ihr «Sorry we missed you» von Ken Loach oder «Histoire de Souleymane» von Boris Lojkine ans Herz legen. In beiden Filmen stecken die Protagonisten in prekären Arbeitsverhältnissen, arbeiten als Scheinselbständige für Paket- oder Essenszustellung. Die Filme sind ein Warnsignal für die Entwicklungen der Plattform-Ökonomie und gleichzeitig ein Plädoyer für ein starkes Arbeitsrecht.

Eliane Albisser ist Geschäftsführerin des PK-Netzes und Arbeitnehmervertreterin in der Kassenkommission von PUBLICA. Sie wandert gern, schwimmt und macht Yoga. Jassen steht einmal pro Monat fix auf dem Programm. In jüngerer Zeit fesselten und berührten sie bildstarke und politische Arthouse-Filme wie Black Box Diaries, The seed of the sacred fig oder The outrun.