Vorsorgedaten per Mausklick - der Bundesrat soll es richten
Es hätte der Tag der 2. Säule werden sollen. Sechs Motionen zur beruflichen Vorsorge waren an jenem 6. März im Ständerat traktandiert. Eine Debatte fand aber nicht statt.
WeiterlesenIn der öffentlichen Debatte ist oft von sinkenden BVG-Renten die Rede. Doch die Rente ist nicht die einzige Form des Leistungsbezugs. Die Versicherten haben nämlich ein gesetzlich verankertes Recht, bei der Pensionierung mindestens einen Viertel ihres Altersguthabens als Kapital zu beziehen.
Von diesem Recht machen denn auch immer mehr Versicherte Gebrauch. In den vergangenen sieben Jahren ist der Anteil der Neurentner, die einen Teil oder ihr gesamtes Guthaben bezogen, von 49% im Jahr 2015 auf 56 % im Jahr 2022 gestiegen. Auch die Medianbeträge verzeichneten einen Anstieg von 85 000 auf 114 000 Franken.
Eine Analyse der Renten ohne Berücksichtigung der Kapitalbezüge vermittelt daher ein unvollständiges Bild der finanziellen Lage von Pensionierten. Um einen Vergleich zu erleichtern, hat Avenir Suisse eine «äquivalente Rente» berechnet, indem die Kapitalbezüge mit einem Umwandlungssatz in Jahresrenten umgerechnet wurden. Bezüglich Umwandlungssatz wurden zwei Szenarien durchgespielt: einmal mit dem gesetzlichen Mindestumwandlungssatz von 6.8 % und einmal mit dem effektiven durchschnittlichen Umwandlungssatz im Jahr des Kapitalbezugs. Die Realität dürfte sich innerhalb dieser Bandbreite bewegen.
Betrachtet man lediglich die Renten (nicht aber die Kapitalbezüge), so sind diese zwischen 2015 und 2022 real um 9% gesunken. Wenn man jedoch die in Renten umgerechneten Kapitalbezüge berücksichtigt, so reduziert sich der Rückgang der «äquivalenten Renten» unter Anwendung eines durchschnittlichen Umwandlungssatzes auf rund die Hälfte (–5 %) und mit dem Mindestumwandlungssatz sogar auf nur –1%. Berücksichtigung des Kapitalbezugs relativiert somit die alarmistischen Behauptungen, die 2. Säule sei von einem deutlichen Leistungsabbau bedroht.
Bei der Entwicklung der Leistungen besteht ein starker Geschlechterunterschied. Bei den Frauen sind die «äquivalenten Renten» zwischen 2015 und 2022 je nach angewandtem Umwandlungssatz zwischen 2 und 6% gestiegen. Dieser Zuwachs ist umso erstaunlicher, als diese höheren Jahresrenten angesichts der gestiegenen Lebenserwartung der Frauen in diesem Zeitraum ungefähr vier Monate länger ausbezahlt werden. Bei den Männern zeigt sich ein anderes Bild, deren «äquivalente Renten» sind im gleichen Zeitraum zwischen 4 und 9 % gesunken, dies allerdings bei einem Anstieg der Lebenserwartung um sieben Monate.
Diese geschlechtsspezifischen Unterschiede lassen sich auf zwei Faktoren zurückführen. Einerseits beruhen die Unterschiede auf den persönlichen Entscheidungen bezüglich des beruflichen Werdegangs: Beschäftigungsgrad sowie die Dauer von Erwerbsunterbrüchen (Familienpausen, Aus- und Weiterbildung). Es liegt auf der Hand, dass der Anstieg der «äquivalenten Renten» teilweise auf der höheren Erwerbsbeteiligung von Frauen beruht. Andererseits hängen die Leistungen von systemischen Faktoren ab. So können die paritätischen Organe der Pensionskassen beispielsweise Leistungen anbieten, die über das gesetzliche BVG-Minimum hinausgehen, eine Anlagestrategie mit höheren Renditen wählen oder mit einer Anpassung der technischen Parameter für mehr Generationengerechtigkeit sorgen.
Die Finanzierung der 2. Säule nach dem Kapitaldeckungsverfahren macht die Folgen von Entscheidungen sichtbar, die Einzelpersonen bezüglich ihrer beruflichen Laufbahn treffen, aber auch die Folgen der Entscheidungen von paritätischen Organen der Pensionskassen und der Politik, beispielsweise bei der Festlegung des Renteneintrittsalters. Deshalb ist es wichtig, dass den Versicherten bewusst ist, welche Folgen sowohl die individuellen als auch die kollektiven Entscheidungen haben.
Diese dem Kapitaldeckungsverfahren inhärente Transparenz darf indessen nicht als Schwäche betrachtet werden. Im Gegenteil, dank dieser Transparenz konnten die paritätischen Organe der Pensionskassen Leistungen und Arbeitnehmerbeiträge kontinuierlich anpassen, um den Bedürfnissen der Versicherten gerecht zu werden und um auf die Gegebenheiten der Finanzmärkte zu reagieren. Diese dezentralisierte und verantwortungsbewusste Organisationsform hat zudem den Vorteil, dass sie den Versuchungen politischer Exponenten, Leistungen zu versprechen, die dann von der nächsten Generation finanziert werden müssen, einen Riegel vorschiebt.
Es hätte der Tag der 2. Säule werden sollen. Sechs Motionen zur beruflichen Vorsorge waren an jenem 6. März im Ständerat traktandiert. Eine Debatte fand aber nicht statt.
WeiterlesenAm 18. September 2024 verlangte die grüne Nationalrätin Manuela Weichelt mit der Motion 24.3917 die Einführung von Erziehungs- und Betreuungsvorschriften in der 2. Säule. Einen Tag später folgte ihr SP-Ständerätin Mathilde Crevoisier Crelier mit der Motion 24.3920. Sie will die Care-Arbeit mit Ergänzungs- und Betreuungsgutschriften analog der AHV aufwerten.
WeiterlesenDie berufliche Vorsorge ist gütig mit Vielverdienenden. Sofern der Arbeitgeber mitmacht bzw. Selbständige wollen, können Löhne bis 882 000 Franken versichert werden. Damit werden bei Stellenwechsel, Plananpassungen oder Lohnerhöhungen riesige steuerbefreite Einkäufe möglich. Gleichzeitig können mit hohen versicherten Löhnen Einkommenssteuern gesenkt werden. Ein Bekannter, seit kurzem als gutverdienender Anwalt tätig, hat sich eingehend beraten lassen. Er konnte kaum glauben, welche immensen Steueroptimierungen rechtlich zulässig sind. Das Problem: Solche Finanzplanungsstrategien haben keinen Vorsorgecharakter.
Weiterlesen
Robuster, als es scheint