Gesellschaftlicher Fortschritt oder sozialer Sprengsatz | Schweizer Personalvorsorge
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Die Lebenspartnerrente

Gesellschaftlicher Fortschritt oder sozialer Sprengsatz

11.11.2025
Lesezeit: 2 min

Seit einigen Jahrzehnten ist eine Partnerschaft zwischen zwei Menschen nicht mehr zwingend gleichbedeutend mit einer Ehe. Der Wandel der gesellschaftlichen Normen zeigt sich darin, dass es heute kaum mehr Anstoss erregt, wenn Paare zusammenleben, ohne ihre Beziehung offiziell zu machen.

Seit Beginn des 21. Jahrhunderts ist die Zahl der Geburten ausserhalb der Ehe deutlich gestiegen – meist handelt es sich dabei um gewollte Kinder von alleinstehenden Frauen, die in einer Lebensgemeinschaft leben. Im Jahr 2025 liegt ihr Anteil bei über 30 % (zum Vergleich: 33 % in Deutschland, 60 % in Frankreich, bei einem europäischen Durchschnitt von über 40 %).

In der beruflichen Vorsorge hat sich die Anerkennung von Lebensgemeinschaften durchgesetzt – allerdings mit teils erheblichen Unterschieden. So sieht man zunehmend Reglemente, die dem überlebenden Lebenspartner eine Rente zusprechen, vergleichbar mit jener eines überlebenden Ehegatten. Manche feiern dies als Gleichstellung von Lebensgemeinschaft und Ehe im Rahmen der 2. Säule. Doch das ist eindeutig falsch.

Denn eines darf man nie vergessen: Das grösste Risiko ist es, alt zu werden – und zwar immer älter. 90 % bis 95 % der Beiträge in der 2. Säule sind für die Altersleistungen bestimmt. Während unseres gesamten Erwerbslebens bauen wir unser Vorsorgeguthaben auf – im BVG-System entspricht es der Freizügigkeitsleistung. Das Gesetz kennt jedoch nur eine Situation, in der dieses Guthaben geteilt wird: die Scheidung.

Für unverheiratete Paare bedeutet das umso deutlicher: Die Altersvorsorge ist und bleibt eine individuelle Angelegenheit, da bei einer Trennung keine Teilung möglich ist. Es ist daher entscheidend, dass jede Person ihr eigenes Vorsorgekapital bildet – idealerweise durch finanzielle Unabhängigkeit.

Diese gesellschaftliche Entwicklung und den Vorsorgebedarf dieser wachsenden Bevölkerungsgruppe gilt es genauer zu betrachten. Ich sehe mit Sorge, dass dies eine neue Quelle weiblicher Altersarmut werden könnte, da die Erwerbstätigkeit junger Mütter – weit stärker als jene junger Väter – nach wie vor stark reduziert ist, unabhängig vom Zivilstand.

Letztlich geht es um Risikomanagement: Das Risiko, alt zu werden, ist hoch (eine gute Nachricht), doch auch das Risiko einer Trennung ist erheblich (ĂĽber 40 %). Die Folgen einer Trennung unterscheiden sich jedoch gravierend zwischen verheirateten und unverheirateten Paaren.

Mindestens sollte die Öffentlichkeit – klar und proaktiv – darüber informiert werden, dass die Anerkennung des Konkubinats in Vorsorgereglementen keineswegs dieselben Rechte wie eine Ehe verleiht.

Wäre es nicht an der Zeit, den gesetzlichen Rahmen weiterzuentwickeln – etwa, indem Eltern, ob verheiratet oder nicht, die Möglichkeit erhalten, die in der 2. Säule angesparte Altersvorsorge gemeinsam und gerecht zu teilen?

Denn es darf nicht sein, dass die Aufgabenteilung innerhalb eines Paares die Altersvorsorge jedes Einzelnen bestimmt.

Wenn wir doch nur vermeiden könnten, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen …