Gegen Steueroptimierung, gegen höhere Besteuerung, aber für mehr Transparenz | Schweizer Personalvorsorge
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Aus dem Bundeshaus

Gegen Steueroptimierung, gegen höhere Besteuerung, aber für mehr Transparenz

Nach dem Scheitern der BVG-Revision kommt die Reformdebatte nicht voran. Zu reden geben dafür steuerliche Fragen.

17.11.2025
Lesezeit: 4 min

Es hätte sehr schnell gehen sollen: Noch ehe die BVG-Revision am 22. September 2024 an der Urne scheiterte, reichte SP-Ständerätin Flavia Wasserfallen die Motion 24.3921 ein: «Mehrfachbeschäftigte und Teilzeitarbeitende besser versichern.» Gleichentags legte ihre jurassische Parteikollegin Mathilde Crevoisier Crelier mit der Motion 24.3920 nach. Sie fordert, dass Care-Arbeit «endlich» auch in der 2. Säule berücksichtigt wird.
Bereits in der darauffolgenden Wintersession standen beide Vorstösse auf der Traktandenliste, fielen aber dem dichten Programm zum Opfer. Auch in der nächsten Session kamen sie nicht zur Behandlung und wurden am 6. März 2025 der Kommission zur Beratung überwiesen.

Keine Dringlichkeit

Seither ist Funkstille: In der ständerätlichen Sozial- und Gesundheitskommission (SGK-S) waren die genannten Vorstösse weder im zweiten, im dritten noch sind sie im vierten Quartal 2025 traktandiert. Verantwortlich für die Planung sind die Kommissionspräsidien. Derzeit präsidiert Damian Müller (FDP) die SGK-S – und sieht aus naheliegenden Gründen keine Dringlichkeit in dieser Frage. Da beide Motionen eine Ausweitung des Obligatoriums zur Folge hätten, dürften sie ohnehin im Parlament kaum Mehrheiten finden.
Hier nur soviel: Die Vorstösse müssen innert zwei Jahren im Rat behandelt werden, hier also spätestens in der Herbstsession 2026, sonst droht ihnen die Abschreibung.

Steueroptimierung

Keinen Einfluss aufs Obligatorium hätte die Motion 25.4253 von Yvonne Bürgin. Wie in der Septemberausgabe von Schweizer Personalvorsorge beschrieben, will die Mitte-Nationalrätin den maximal versicherbaren BVG-Lohn auf den fünffachen oberen Grenzbetrag reduzieren. Damit sollen exzessive Steueroptimierungen eingeschränkt werden.
Die SGK-S hat an ihrer Sitzung vom 20. Oktober 2025 den Ball aufgenommen und das Postulat 25.4398 eingereicht: Der Bundesrat soll in einem Bericht darlegen, wie sich eine Begrenzung des versicherbaren Lohnes auswirken würde. Das bestehende System, so die Begründung, habe sich teilweise zu einem Vehikel der Steueroptimierung entwickelt. «Das führt zu Steuerausfällen, ohne den eigentlichen Vorsorgezweck zu stärken.» Das könne das Vertrauen in die 2. Säule schwächen.
Braucht es wirklich einen solchen Bericht – oder wird das Anliegen damit bloss auf die lange Bank geschoben? Yvonne Bürgin begrüsst das Postulat, wie sie auf Anfrage erklärt. Das BVG sei äusserst komplex, die Fragen der SGK-S seien wichtig. Mit den Antworten des Bundesrats werde sich zeigen, wie Steueroptimierungen am wirksamsten reduziert werden können.

Bessere Transparenz

Zwar keine Steueroptimierung, aber sonst viel Optimierungspotenzial bietet die Transparenz persönlicher Vorsorgedaten. Somit sind wir bei der Motion 24.4597 von Mitte-Ständerat Erich Ettlin. Sie verlangt vom Bundesrat, dass alle Anbieter der drei Säulen ihren Versicherten einen standardisierten digitalen Zugang zu deren Vorsorgedaten haben.
Die nationalrätliche Sozialkommission (SGK-N) empfahl mit 12 zu 12 Stimmen und Stichentscheid der Präsidentin, die Motion abzulehnen. Doch das Plenum des Nationalrats stimmt ihr gegen Ende der zurückliegenden Herbstsession ohne Wenn und Aber mit 183 zu 4 Stimmen zu.
In der Frühjahrssession hatte schon der Ständerat der Motion zugestimmt - mit 35 zu 7 Stimmen weniger deutlich. FDP-Ständerat Damian Müller sagte damals in Schweizer Personalvorsorge. «Wenn mir der Bundesrat sagt, in der 1. Säule steht die Diskussion der Lösung unmittelbar bevor, in der 2. Säule sind die PKs aus eigenem Antrieb unterwegs, und in der 3. Säule ist der Zugang durch Banken und Versicherungen bereits gewährleistet, dann sehe ich nicht ein, weshalb ich als Freisinniger noch zusätzlich mehr Regulierung verlangen und auch die PKs zusätzlich einengen soll.»
Sein Parteikollege Andri Silberschmidt sieht das anders. Es helfe Versicherten wenig, wenn sie bei jeder Säule individuell einen Zugang hätten. «Wenn ich verschiedene PDF-Dokumente zusammenlegen muss, kann ich dadurch nur sehr schwierig erahnen, wie meine Rente in Zukunft sein wird», sagte der Zürcher in der Nationalratsdebatte.

Gegen höhere Steuern

Ein weiteres Thema betrifft die geplante höhere Besteuerung der Kapitalbezüge aus der 2. Säule und der gebundenen Vorsorge 3a im Rahmen des Entlastungspakets. Die Mitglieder der SGK-S finden das keine gute Idee. Mit 8 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung beantragen sie zuhanden der ständerätlichen Finanzkommission, auf eine höhere Besteuerung der Vorsorgekapitalien zu verzichten. Die Bundesverfassung verpflichte den Bund ausdrücklich, die private Vorsorge steuerlich zu fördern. «Eine Änderung der steuerlichen Regeln untergrabe das Vertrauen in das Dreisäulensystem und belaste breite Bevölkerungsschichten unnötig zusätzlich.»
Werden die steuerlichen Regeln laut Botschaft wirklich verändert? Einen echten Regelbruch gäbe es, wenn die Besteuerung der Kapitalbezüge aus Vorsorge neu zusammen mit dem übrigen Einkommen erfolgen würde.
Das hatte die Expertengruppe unter der Leitung von Serge Gaillard, dem früheren Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung, tatsächlich vorgeschlagen. Sie schlug vor, die Kapitalbezüge auf eine entsprechende Jahresrente umzurechnen und zum übrigen Einkommen zu addieren.
Der Aufschrei blieb im Bundeshaus nicht unerhört:  Schon bei der Eröffnung der Vernehmlassung vom 29. Januar 2025 schreibt der Bundesrat, dass sich die vorgeschlagene Neuregelung vom Vorschlag der Expertengruppe unterscheide. An der gesonderten Besteuerung der Kapitalleistungen aus Vorsorge soll festgehalten werden.
Und als in der Vernehmlassung der Widerstand nicht abflaute, passte der Bundesrat die Tarife nochmals an. Kapitalbezüge bis zu 100'000 Franken, wie sie für Bezüge aus der Säule 3a typisch sind, sollen steuerlich nicht schlechter behandelt werden als heute. Für Kapitalbezüge über 100'000 Franken gibts zwar einen höheren Tarif, der aber weiterhin getrennt vom übrigen Einkommen ermittelt wird.

Kein Verheiratetentarif

Manchen ist entgangen, dass Verheiratete mit einer Systemverbesserung rechnen können, indem ihre Kapitalbezüge neu nicht mehr zusammengerechnet werden, so dass keine zusätzliche Progressionswirkung mehr entsteht.
Was auch gerne vergessen geht: Die Rede ist hier allein von der direkten Bundessteuer. In den meisten Kantonen fallen aber die Kantons- und Gemeindesteuern deutlich stärker ins Gewicht. Es ist den Kantonen freigestellt, den Tarif zu erhöhen oder zu senken.
Was wiederum nicht heisst, dass eine höhere Besteuerung der Kapitalbezüge aus Vorsorge in ein Entlastungspaket gehört. Aber das ist eine andere Geschichte.

 

 

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