VPOD und SVP ziehen am gleichen Strick… | Schweizer Personalvorsorge
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Kommentar

VPOD und SVP ziehen am gleichen Strick…

…und erst noch in die gleiche Richtung. So geschehen in Winterthur vor der Volksabstimmung zur finanziellen Stabilisierung über 120 Mio. Franken für die städtische Pensionskasse (PKSW) am 9. Juni 2024.

30.09.2024
Lesezeit: 3 min

Selbst in der Abstimmungszeitung stand unter Argumente dagegen: «Im Stadtparlament gab es keine ablehnenden Wortmeldungen.» Und die Abstimmungsempfehlung lautete: «Der Stadtrat und das Stadtparlament (mit 56 zu 0 Stimmen) empfehlen, Ja zu stimmen.» Trotz dieser Einhelligkeit über alle Partei- und Personalverbandsgrenzen hinaus haben letztlich fast 37% der Stimmerbürgerinnen und Stimmbürger ein Nein in die Urne gelegt. Es stellen sich deshalb folgende Fragen: Weshalb stimmte über ein Drittel der Abstimmenden Nein, obwohl sich niemand aus dem Parlament gegen die Vorlage auflehnte? Und wie wäre das Resultat ausgefallen, wenn das Parlament nur mit knappem Mehr zugestimmt hätte? Und: Kann eine Analogie aus dieser kommunalen auf eidgenössische Abstimmungen gezogen werden?

Bei sozialpolitischen Abstimmungen muss stets mit einer Nein-Quote von

rund einem Drittel gerechnet werden.

Am 22. September stimmte das Stimmvolk der Schweiz über die BVG-Reform ab. Wie die Abstimmung ausgegangen ist, ist für die nachstehenden Überlegungen von nachrangiger Bedeutung. Vielmehr sollte es von Interesse sein, wie ein breiter Schulterschluss zwischen links und rechts erzielt werden kann und weshalb es so wichtig ist, dass dies gelingt.

Meine Theorie besagt, dass bei sozialpolitischen Abstimmungen stets mit einer Nein-Quote von rund einem Drittel gerechnet werden muss. Ganz einfach deshalb, weil es meist um sehr grosse Summen geht und es mehr Menschen gibt, die Sozialversicherungen als unnötigen staatlichen Eingriff sehen, als wir uns vorstellen können. Die restlichen zwei Drittel sollten deshalb möglichst geeint hinter eine sozialpolitische Vorlage gebracht werden. Sind sich Parteien und Gewerkschaften uneins, wird es rein mathematisch unmöglich, eine Ja-Mehrheit zu erreichen. Wenn sich nämlich die verbleibenden zwei Drittel der Abstimmenden in zwei Lager aufteilen, wird das Abstimmungsresultat stets negativ sein, ganz egal, ob eher die liberalen oder die sozialen Aspekte den Ausschlag für eine Gegenkampagne des einen oder anderen Lagers gaben. Da nützt es auch nichts, wenn zuvor Parlament und Bundesrat eine Vorlage mit eindeutiger Mehrheit zur Annahme empfohlen haben.

Zurück zur Abstimmung in Winterthur. Vor fünf Jahren scheiterte der erste Versuch der Sanierung der PKSW, weil man damals nicht eine breite politische Allianz anstrebte, sondern nur eine Mehrheit im Parlament. Da dies misslang, ist es damals gar nicht erst zu einer Volksabstimmung gekommen. Doch selbst wenn es eine gegeben hätte, wäre es eine «Mission impossible» geworden, diese zu gewinnen, da sich zwei etwa gleich grosse Lager dafür (Links-Grün) und dagegen (Mitte-Rechts) gebildet hatten. Die Politik hat daraus gelernt und nun  beim zweiten Versuch alles darangesetzt, eine einvernehmliche Lösung auszuarbeiten (diese habe ich bereits in der Januarausgabe vorgestellt). Es wurde eine Spezialkommission im Parlament, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern aller Parteien, eingesetzt. Zudem holte man sich externe fachliche Unterstützung. Ziel war es, so lange die «roten Linien» abzugleichen, bis eine Lösung gefunden wurde, hinter die sich alle stellen konnten.

Alle Parteien zeigten sich von Beginn an bereit, über ihren eigenen Schatten zu springen. Gleichzeitig wollte man faule Kompromisse oder unheilvolle Allianzen verhindern. Dies ist deshalb gelungen, weil stets alle am gleichen Tisch sassen und so sofort intervenieren konnten, hätten Elemente in die Vorlage einfliessen sollen, die zwangsläufig zu einer partei-internen Ablehnung geführt hätten.

 

Doch damit nicht genug. Im Wissen, dass auch ein einstimmiger Entscheid im Stadtparlament inklusive der Zustimmung des Stadtrates noch kein Garant für eine erfolgreiche Volksabstimmung ist, haben sich alle Parteien und Personalverbände zusammengetan und eine gemeinsame Aufklärungskampagne gestartet. Dazu gehörten eine Website, grossflächige Plakate am Bahnhof Winterthur und personalisierte Online-Werbeanzeigen auf einschlägigen News-Plattformen.

Meine Theorie wurde meines Erachtens bei der Abstimmung zur BVG-Reform nicht widerlegt. Insofern kann dieser Kommentar gerne als kurzer Leitfaden für die Erarbeitung künftiger, tragfähiger Lösungen herangezogen werden.