Heute wissen wir, die Infragestellung der Rentensenkungen hat bei der Stimmbevölkerung nicht verfangen. Es war ein untauglicher Versuch, die Probleme in der 2. Säule kleinzureden. Die Versicherten wissen genau, dass der Umwandlungssatz die harte Währung ist. Sie haben in ihren Vorsorgeausweisen gesehen, dass ihre voraussichtlichen Renten stark gesunken sind. Selbstverständlich und zum Glück gibt es sozialpartnerschaftlich gut geführte Kassen, die ein Leistungsziel verfolgen und die Senkungen abfederten. Aber auch in Pensionskassen fällt das Geld nicht vom Himmel: «Stärkung des Sparprozesses» hiess übersetzt «Erhöhung der Beiträge». Und bei der Verwendung von Kapitalerträgen fehlten diese dann andernorts. Ausserdem waren schlicht zu wenige Arbeitgeber bereit, Leistungssenkungen mit Einlagen zu verhindern. Ich bin ehrlich überrascht, dass Lukas Müller-Brunner verlautbarte, dass in der Realität die meisten Kassen das Leistungsniveau hätten halten können. Das Gegenteil ist doch der Fall!
Bald kommt die BVG-Reform zur Abstimmung und die Diskussion um die Leistungsfähigkeit der 2. Säule wird wieder aufflackern. Ich bin überzeugt: Mit dem deutlichen Ja zur 13. AHV-Rente wurde der Weg für ein Nein zur BVG-Reform geebnet. Die steigende Kapitalbezugsquote ist ein wichtiges Symptom der unattraktiven Renten, die die tiefen Umwandlungssätze mittlerweile generieren. Und dies ist kein gutes Zeichen für die Versicherten. Auch von Gesetzes wegen steht klar die Rente als Leistungsart im Vordergrund (Art. 37 Abs. 1 BVG). Dies aus guten Gründen: Beim Kapitalbezug kann der Zweck der beruflichen Vorsorge, Ersatz für Wegfall des Einkommens, nicht sichergestellt werden. Die Finanzindustrie hat dagegen Interesse an immer mehr Pensionierten, die ihr Geld privat anlegen. Klar spielen auch steuerliche Überlegungen rein, dies jedoch vorwiegend bei wohlhabenden Personen.
Sinn und Zweck der beruflichen Vorsorge ist die Absicherung von Lebensrisiken mithilfe des kollektiven Anlegens von Kapital – im Sparprozess wie auch im Pensionsalter. Wenn man den Trend zum Kapitalbezug zu Ende denkt, wird die Idee der Kollektivität völlig ausgehöhlt. Im Abstimmungskampf zur BVG-Reform werde ich mich deshalb konsequent dafür einsetzen, dass die Leistungsfähigkeit der 2. Säule an den Rentenleistungen gemessen
wird.
Die steigenden Kapitalbezüge verheissen nichts Gutes