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ALM: über kurz oder lang?

In jüngster Vergangenheit wurde ich in Kapitalanlagegremien mehrfach mit der Frage konfrontiert, wie oft eine Asset-Liability-Management-(ALM)-Studie bzw. eine Anlagestrategie erneuert werden soll. Zudem wurde moniert, das stetige Erneuern von ALM-Studien beisse sich mit der Idee der Langfristigkeit.

27.10.2025
Lesezeit: 3 min

Das Gesetz besagt, dass das oberste Organ die unübertragbare und unentziehbare Aufgabe habe, die mittel- und langfristige Übereinstimmung zwischen Anlage des Vermögens und den Verpflichtungen periodisch zu prüfen. Wie oft aber ist periodisch? Die meisten mir bekannten Pensionskassen führen alle drei bis fünf Jahre eine ALM-Studie durch. Ist das sinnvoll?

Meiner Meinung nach kommt es nicht auf die Periodizität, sondern auf die Veränderungen der Einflussfaktoren an, ob eine ALM-Studie erneuert werden muss oder nicht. Wenn sich der Versichertenbestand oder die prognostizierten Leistungen erheblich anders entwickeln als in der zuletzt erstellten ALM-Studie angenommen, muss die weitere Gültigkeit der Studie hinterfragt werden. Wenn nicht das oberste Gremium selbst die Überprüfung anstösst, wird die Pensionskassenexpertin in ihrem nächsten Bericht die Thematik bestimmt aufnehmen. Zwei wichtige Kennzahlen für sie sind die aus der Anlagestrategie zu erwartende Rendite und die sich aus den Verpflichtungen ergebende Soll-Rendite. Liegt die erwartete Rendite nicht mit genügender Marge über der Soll-Rendite, ist dies ein deutliches Signal zur Erneuerung der ALM-Studie.

Das Feststellen der Notwendigkeit einer ALM-Studie gehört in das Interne Kontrollsystem (IKS). Weshalb nicht jährlich festhalten, ob und wie sich die wesentlichen Einflussfaktoren seit der letzten ALM-Studie verändert haben und ob somit ein Erneuern der Studie angezeigt ist? Wer dies konsequent tut, kann sich bei stabilen Grundlagen sogar erlauben, mehr als fünf Jahre bis zur nächsten ALM-Studie zuzuwarten.

Während sich die veränderte Datengrundlage auf der Verpflichtungsseite einer Pensionskasse einigermassen klar feststellen lässt, ist es auf der Anlageseite nicht so einfach. Es geht darum, langfristige Rendite-/Risikoannahmen für einzelne Anlagekategorien und deren Korrelation untereinander zu treffen. Diese Zahlen werden üblicherweise vom ALM-Berater geliefert. Je nach Berater kann ein und dieselbe Anlagestrategie zu signifikant unterschiedlichen Prognosen führen.

Das Herleiten langfristiger Rendite-/Risiko-Prognosen und Korrelationen für Anlagekategorien ist keine exakte Wissenschaft.

Meist wird die aktuelle Franken-Zinskurve als Basis genommen. Für die einzelnen  Anlagen werden sodann langfristige Risikoprämien hinzuaddiert. Für das Schwankungsrisiko werden langfristige Zahlen aus der Vergangenheit beigezogen. Andere Berater arbeiten mit wenig durchschaubaren Modellen, die Wirtschaftsprognosen oder gar die geo- politische Lage zu berücksichtigen versuchen. Nicht selten laden Berater ihre Kunden dazu ein, eigene Schätzungen zu liefern. Da fragt sich dann, wer wen berät.

Weshalb nicht jährlich festhalten, ob und wie sich die wesentlichen Einflussfaktoren seit der letzten ALM-Studie verändert haben und ob somit ein Erneuern der Studie angezeigt ist?

Es ist vorteilhaft, die Prognosemethodik auf der Anlageseite möglichst stabil zu halten. Schliesslich handelt es sich um langfristige Annahmen. Somit wird auch das Resultat der ALM-Studie, die Anlagestrategie, sich kaum radikal ändern. Regelmässige ALM-Studien und die Langfristigkeit der Kapitalanlagen müssen somit nicht im Widerspruch bleiben.

Eine weitere wesentliche Unbekannte im ALM-Prozess ist die Risikobereitschaft der Entscheidungsträger. Sie haben oft einen erheblichen Spielraum betreffend die Risiken, die sie zu tolerieren bereit sind. So kann es sein, dass je nach Zusammensetzung eines Stiftungsrats eine aggressivere oder konservativere Anlagestrategie aus dem ALM-Prozess resultiert.

Um betreffend Risikoappetit einen gemeinsamen Nenner im Gremium finden zu können, hilft es, konkret über maximal zumutbare Sanierungsmassnahmen für den Fall einer Unterdeckung zu diskutieren und sich Stressszenarien der Kapitalmärkte und ihre Auswirkungen auf das Anlagevermögen vor Augen zu führen.

Zu guter Letzt noch das Phänomen der illiquiden Anlagen, insbesondere der Immobilien Schweiz: Weil sie nur quartalsweise oder gar jährlich bewertet werden, ist ihr Risiko gemessen an der Wertschwankung sehr tief bei gleichzeitig attraktiven Renditeerwartungen. Aus diesem Grund geraten die Gremien in Versuchung, die Allokation in diese Anlagesegmente zu maximieren. Es gilt dabei die Tragbarkeit der Illiquidität, die Komplexität der Umsetzung sowie die Rendite nach Abzug der oftmals hohen Kosten zu berücksichtigen.