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Oder warum der technische Zins ein Sechser im Lotto ist

26.02.2024
Lesezeit: 3 min

Technischer Zins. Ein Wort wie Sugus: Zuckersüss in der Verheissung, unförmig klumpend im Mund und schon bekommt man die Zähne nicht mehr auseinander. Dabei könnte alles so einfach sein, wenn das Unding statt „technischem Zins“ einfach „LottoZins“ hiesse. Ginge viel leichter über die Lippen und wäre gleichzeitig treffender. Echt jetzt? Echt jetzt.

Denn das phonetische Unding, also der technische Zins, ist eigentlich nichts anderes als ein Tippspiel des Stiftungsrats. Es, das Unding oder das Sugus, meint nämlich den Zins, den eine Pensionskasse glaubt (ich wiederhole: glaubt), für ihre Rentner erwirtschaften zu können. Klingt kompliziert? Ist es nicht. 

Nehmen wir Werner als Beispiel. Werner ist 65 Jahre jung und frisch pensioniert. Von seiner Pensionskasse erhält er monatlich eine Rente, die er noch circa 26 Jahre lang wird geniessen können (behaupten zumindest Google und das statistische Bundesamt, und die kennen Werner schliesslich am besten). Den Batzen Geld, den Werner bis zu seinem Lebensende erhalten wird, legt seine Pensionskasse nun aber natürlich nicht in den Tresor. Stattdessen legt sie das Geld während der 26 Jahre an. Dafür gibt es Zinsen. Und schwupps vermehrt sich Werners Geld, während er gleichzeitig allmonatlich seine Rente ausbezahlt bekommt. 

Wenn Werners Batzen nun aber Zinsen macht, während er jeden Monat seine Rente ausbezahlt bekommt, dann muss gar nicht alles Geld für Werners 26 Rentenjahre von Anfang an da sein. Es muss anfangs nur so viel da sein, dass dieser Anfangsbatzen plus Zinsen bis zu Werners Lebensende für seine monatliche Rente reicht. 

Das riecht sofort nach zwei Problemen: Zum einen darf Werner auf keinen Fall länger leben als die vorhergesagten 26 Jahre. Das kann seine Pensionskasse nicht (auf legalem Wege) unterbinden, zumal die medizinische Forschung seit vielen Jahren und mit einigem Erfolg auf unser aller Unsterblichkeit hinarbeitet. Stattdessen bedient Werners Pensionskasse sich blitzblankpolierter Glaskugeln, um sein Ableben möglichst präzise vorauszusagen. Diese Glaskugeln heissen bezeichnenderweise

„Sterbetafeln“ und haben mit den Tarotkarten einer Wahrsagerin gemein, dass sie ähnlich kryptisch zu lesen, in jedem Deck aber zuverlässig der Tod und einige Narren enthalten sind. 

Zum zweiten wäre wichtig zu wissen, wie viel an Zins über die 26 Jahre zusammen kommen wird, sodass der Batzen auch wirklich bis an Werners Lebensende reicht. Ein Tusch, meine Damen und Herren, hier haben wir das klebrige Ungetüm: Den technischen Zins! Den Zins, den eine Pensionskasse glaubt, für ihre Rentner erwirtschaften zu können!  

Nun heisst glauben aber bekanntlich nicht wissen – ausserhalb von Kirchenhäusern und Religionsunterricht zumindest. Doch auch das ist für Pensionskassen kein Problem. Denn der technische Zins wird vom Stiftungsrat festgelegt. Und der Stiftungsrat besteht in den allermeisten Fällen (fast nur) aus den sprichwörtlichen „alten weissen Männern“. Und die wiederum wissen bekanntlich alles, was sonst niemand weiss, nicht einmal Google oder das statistische Bundesamt. Die Zinsen der nächsten Jahrzehnte aber auf jeden Fall. Vorsichtshalber haben andere Gottgleiche (alte weisse Männer) auch noch ein Auge drauf, Experte und Aufsicht beispielsweise. Ist also so sicher wie ein Sechser im Lotto. Wobei der technische Zins in den nächsten Jahren sicher kein Sechser, also keine 6 Prozent, sein dürfte. So viel Rendite ist auf den Finanzmärkten wohl kaum zu erwarten. 

Glauben Sie mir jetzt (oder wissen Sie vielleicht sogar), dass „Lotto-Zins“ der bessere

Begriff wäre? Schliesslich reden wir von Erwartungen, Schätzungen, Annahmen,

Statistiken und Vorhersagen. Der Begriff „technisch“ wirkt da eher beschönigend. Apropos schön: Ein hoher „Lotto-Zins“ bedeutet natürlich auch, dass Werner gar nicht sooo viel gespart haben muss, um eine stattliche Rente zu erhalten. Wobei „stattliche Rente“ synonym ist für „hohen Umwandlungssatz“. Denn wenn sein Batzen kräftig Zins erwirtschaftet und wächst, dann kann die Pensionskasse ihm monatlich auch kräftig auszahlen. Na wenn das für Werner mal kein Sechser im Lotto ist!