Laut Gesetz (Art. 37 Abs. 1 BVG) steht die Rente als Leistungsart im Vordergrund – aus gutem Grund: Beim Kapitalbezug kann der Vorsorgezweck, Ersatz bei Wegfall des Einkommens, nicht sichergestellt werden.
Wie soll nun auf die steigenden Kapitalbezüge reagiert werden? Die steuerliche Begünstigung des Kapitalbezugs müsste abgeschafft werden. Dieser Fehlanreiz ist weder ökonomisch noch sozialpolitisch erwünscht. Und auch wenn Swisscanto in ihrer diesjährigen Pensionskassen-Studie bestreitet, dass die Höhe des Umwandlungssatzes ein zentraler Treiber für Kapitalbezüge ist, ist der Vertrauensverlust in Bezug auf die 2. Säule durch sinkende Umwandlungssätze offensichtlich. Die nüchterne Erklärung, dass bei steigender Lebenserwartung die jährliche Rente sinken muss, überzeugt die Versicherten nicht, wenn ihre Rente im Vergleich zu früheren Berechnungen deutlich tiefer ausfällt. Frust ist verständlich. Da liegt es vielleicht nahe, dass man einen Kapitalbezug in Betracht zieht, obwohl insbesondere ein voller Kapitalbezug auch bei einem Umwandlungssatz um 5% kaum sinnvoll sein kann. Hier braucht es bessere Aufklärung. Pensionskassen stehen in der Pflicht, den «Wert» ihrer Renten besser zu vermitteln und gleichzeitig auf Risiken beim Kapitalbezug hinzuweisen. Jede Versicherte, die wegen falscher Beratung oder verfehlter Risikoabschätzung das Kapital bezieht, ist eine zu viel.
Kommen wir zu den flexiblen Rentenmodellen – sie sind nicht neu, doch die Einführung verschiedener Modelle durch die BVK im Jahr 2023 war ein Paukenschlag. Das PK-Netz erkannte schnell die Gefahr, dass solche Modelle als Lösung für steigende Kapitalbezüge gelten könnten – und dadurch andere Kassen unter Druck setzen würden, nachzuziehen. Warum ist das problematisch? Flexible Rentenmodelle untergraben zentrale Prinzipien der 2. Säule:
Der Grundsatz, dass zwei Leben (plus Kinder) versichert sind, wird bei Wahloptionen hinsichtlich Höhe der Anwartschaften angekratzt. Diese suggerieren, man könne individuell maximal profitieren bzw. bei falscher Wahl etwas verlieren – ein Widerspruch zur kollektiven Risikoabdeckung. In der beruflichen Vorsorge sind Solidaritäten zwischen Alleinstehenden, Verheirateten, Versicherten in Lebenspartnerschaften und Versicherten ohne oder mit (vielen) Kindern verankert. Da zwei Leben versichert sind, kann die Anwartschaft auch für Alleinstehende nur gesenkt und nicht wegbedungen werden, was Unverständnis auslösen kann. Stattdessen sollte das Kollektivitätsprinzip betont werden. Oder sollen Versicherte in einer Lebenspartnerschaft wirklich tiefere Altersrenten als Alleinstehende erhalten, weil sie im Todesfall vielleicht – es ist nie sicher – eine Hinterlassenenrente auslösen? Auch Alleinstehende können sehr alt werden und damit länger eine Altersrente beziehen als ein Paar zusammen.
Flexible Rentenmodelle sind nicht die Lösung